Neuroradiologie

Einen wesentlichen Schwerpunkt der Abteilung bilden die interventionelle Radiologie und Neuroradiologie. Es bestehen umfangreiche Erfahrungen und dezidiertes Fachwissen in der minimal-invasiven Behandlung von Gefäßerkrankungen (u.a. Hirnarterien-Aneurysmen) des zentralen Nervensystems. Die Neuroradiologie ist im Kreis Recklinghausen und darüber hinausgehend ein spezialisiertes Zentrum für die kathetergestützte Akuttherapie des Schlaganfalls (mechanische Thrombektomie). Vor diesem Hintergrund werden zahlreiche Patienten aus anderen Kliniken überwiesen und behandelt.

Der Schlaganfall ist eine akute und möglicherweise lebensbedrohliche Schädigung der Nervenzellen im Gehirn. In 80% der Fälle beruht der Schlaganfall auf einem akuten Verschluss eines Gefäßes der hirnversorgenden Arterien, z.B. durch ein Blutgerinnsel, dies bezeichnet man als einen sogenannten ischämischen Schlaganfall. In der Folge kommt es zur Unterversorgung des Gehirns mit Sauerstoff, wodurch es ohne sofortige Therapie zu einer irreversiblen Schädigung des betroffenen Hirnareals kommt. In den übrigen 20% der Fälle ist eine Hirnblutung ursächlich für die Schlaganfallsymptomatik. Die Symptome sind sehr vielfältig und können von plötzlich auftretenden Sprachstörungen bis zur Halbseitenlähmung und Bewusstlosigkeit reichen. Das entscheidende, um eine bleibende Hirnschädigung zu verhindern oder die möglichen Folgen zu minimieren, ist die unverzügliche Diagnostik und Therapie des Schlaganfalls.

Im Falle eines vorliegenden Gefäßverschlusses stehen neben der medikamentösen Lysetherapie, die Wiedereröffnung des verschlossenen Gefäßes über einen minimal- invasiven Kathetereingriff (sogenannte Thrombektomie) zur Verfügung.
Bei der Thrombektomie handelt es sich um eine moderne Behandlung, für welche es im Gegensatz zur medikamentösen Lysetherapie kaum Kontraindikationen gibt.
Nach aktueller Studienlage kann diese bei geeigneten PatientInnen und fortbestehender Minderdurchblutung auch noch bis zu 24 Stunden nach Symptombeginn angewendet werden.
Im Jahr führen wir hier etwa 350 solcher endovaskulären Schlaganfalltherapien mit den neuesten Materialien und Techniken in unserer Abteilung durch.

Thrombektomie

Durch die Thrombektomie ist es in den meisten Fällen möglich das Blutgerinnsel direkt über einen Katheter abzusaugen oder mit Hilfe eines Stent-Retriever zu entfernen. Hierdurch kann das sauerstoffunterversorgte Hirnareal schnell wieder mit Blut versorgt werden.

Der Absaugkatheter wird über die Leisten- oder Armarterien bis in das verschlossene Hirngefäß vorgeschoben. Sobald der Katheter am Thrombus andockt, wird dieser unter kontinuierlicher Aspiration abgesaugt.

Der Stent-Retriever besitzt an seiner Spitze ein entfaltbares Gittergeflecht. In diesem soll sich der Thrombus verfangen und so aus dem Gefäß herausgezogen werden.

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Arteriovenöse Malformationen (AVM) sind angeborene Gefäßmissbildungen, die im Hirngewebe oder dessen unmittelbarer Nachbarschaft entstehen. Sie besteht aus einem Geflecht von Gefäßen, in dem blutzuführende Hirnarterien und blutabführende Hirnvenen direkt miteinander verbunden sind. Durch das Fehlen feinster Verästelungen der Blutgefäße, des so genannten Kapillarbetts, kann das Blut ungebremst und mit hohem Fluss und Druck durch die Gefäße fließen . Dies kann eine Erweiterung der Gefäße und eine Schwächung ihrer Wände zur Folge haben (z.B. Bildung von Aneurysmen). Im Falle einer Ruptur kann es deshalb zu schweren Hirnblutungen mit Schädigung des umgebenden Hirngewebes kommen.
 
Klinik:
Kleine AVM bleiben häufig klinisch stumm.
In den meisten Fällen werden AVMs durch Krampfanfälle oder Hirnblutungen auffällig, sie können allerdings auch Kopfschmerzen, Ohrgeräusche oder Symptome, die einem Schlaganfall ähneln, hervorrufen. Da diese Malformationen angeboren sind und statistisch gesehen ein jährliches Blutungsrisiko von etwa 2-4 Prozent aufweisen, werden Patienten mit AVMs deutlich früher durch Symptome auffällig, als dies bei Aneurysmapatienten der Fall ist. In circa 30 bis 50 Prozent der Fälle verursachen Blutungen aus einer AVM ein neurologisches Defizit, wie etwa Lähmungen oder Sprachstörungen. Es ist daher bei der Diagnosestellung einer AVM in den meisten Fällen anzuraten, diese zuerst weiter abzuklären und eventuell eine Therapie einzuleiten.
 
Therapie:
Für die Therapie der AVM stehen mehrere Optionen zur Verfügung.
Oftmals ist eine kombinierte Behandlung der AVM notwendig.
In der Regel ist es sinnvoll, zunächst eine endovaskuläre Behandlung durchzuführen, die sogenannte Embolisation. Hierbei werden die arteriellen Gefäße der AVM mit einem Katheter von der Leiste aus angesteuert und anschließend mittels Embolisat (''Flüssigkleber'' ) verschlossen. Diese Behandlung erfolgt in der Regel in mehreren Sitzungen . Dieses Verfahren kann bis zu 30 % der AVMs komplett verschliessen. Es wird auch oft bei grösseren AVMs als Vorbereitung einer Operation eingesetzt, um die Blutungsneigung bei der OP zu reduzieren.
Bei der Operation wird die AVM , komplett entfernt, so dass direkt postoperativ kein weiteres Blutungsrisiko mehr besteht.
Bei der stereotaktischen Bestrahlung (Gamma Knife Bestrahlung) wird eine fokussierte Bestrahlung verwendet, die fast ausschließlich auf die AVM gebündelt wird. Die Strahlenbelastung der anliegenden neuralen Strukturen wird hierbei auf ein Minimum reduziert.
Eine Entscheidung über die Wahl der Therapiemethode wird jeweils nach einer interdisziplinären Besprechung, unter Rücksichtnahme auf Größe und Lokalisation der AVM, sowie Symptome und Zustand des Patienten, individuell getroffen. Beratungsgespräche können nach Terminabsprache in unserer neurovaskulären Sprechstunde vereinbart werden.

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Einleitung:
 
Aneurysmen der Hirnarterien sind krankhafte Aussackungen, die an Schwachstellen der Gefäßwand entstehen können. Die Häufigkeit dieser Erkrankung wird in Ländern Mitteleuropas bei ca. 3,2% der Erwachsenen geschätzt, so dass ca. 2 Millionen Menschen in Deutschland damit leben [1]. Häufig handelt es sich um Zufallsbefunde, die im Rahmen von Untersuchungen des Schädels gefunden werden und die keine Beschwerden verursachen müssen. Sollten allerdings Aneurysmen der Hirnarterien platzen, kommt es zu einer lebensbedrohlichen Blutung (sog. SAB), die intensivmedizinisch behandelt werden muss. Aneurysmen können im Notfall oder vorsorglich aus der Zirkulation ausgeschaltet werden. Ob eine Behandlung notwendig ist, hängt von vielen Faktoren ab, u.a. die Lage, Größe und Form des Aneurysmas. Dazu beraten wir gerne unsere Patienten in der Hirngefäßsprechstunde (Link).
 
Verfahren-Ablauf:
Wenn ein Hirnarterien-Aneurysma zufällig gefunden wird (z.B. im Rahmen einer MRT-Untersuchung), ist in der Regel eine genauere Darstellung mittels einer gezielten Untersuchung zur besseren Beurteilung der Form, Größe und Lage nötig (Bild 1). Die Behandlung erfolgt später unter Vollnarkose und in der Regel über einen Leisten-Zugang. Je nach anatomischer Lage stehen verschiedene Behandlungsmöglichkeiten zu Verfügung. Das Aneurysma kann z.B. mittels Metallspiralen verstopft werden (Bild 2). Flow-Diverter stellen zudem spezielle Stents dar, die den Blutfluss am Aneurysmasack vorbei lenken. Dies kann auch mit weiteren Materialien (z.B. sogenannten intraaneurysmatischen Flow-Diverter) erzielt werden (Bild 3). Ca. drei Monate nach der Behandlung wird normalerweise eine Kontrolle des Aneurysmas mittels Angiographie durchgeführt.

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Legende:
 
Bild 1: 3D-Angiographie (rechts) und Zielaufnahme (links) eines Aneurysmas des Basilariskopfes. Arteria basilais (grüner Pfeil), Aneurysma (roter Pfeil).
Bild 2: Aneurysma der linken A. carotis interna (roter Pfeil) vor der Behandlung (links) und nach vollständiger Ausschaltung des Aneurysmas mittels Ballon-assistierter Coilembolisation (rechts). Mit Metallspiralen verstopfter Aneurysmasack (grüner Pfeil).
Bild 3: Breitbasiges Aneurysma der linken A. cerebri media (roter Pfeil) vor der Behandlung (links) und nach Ausschaltung mittels WEB-Implantation (rechts). Vollständig thrombosiertes Aneurysma (grüner Pfeil).

Gefäßtumore des Gehirns werden neurointerventionell behandelt und verschlossen, entweder als alleinige Therapie oder als Vorbereitung für eine neurochirurgische Operation.

Stark durchblutete Gefäßtumore des Kopfes oder Halses können über einen transarteriellen Zugangsweg verschlossen werden, entweder als alleinige Therapie oder als Vorbereitung für eine Operation zur Minimierung des Blutungsrisikos.

Einleitung:
Die Transarterielle Chemoembolisation (TACE) ist ein minimalinvasives Verfahren zur Behandlung von lebereigenen Tumoren und Lebermetastasen. Dabei wird in den tumorversorgenden Arterien ein Chemotherapeutikum zusammen mit einem Embolisat appliziert. Das Medikament wirkt auf dieser Weise möglichst nur auf den Tumor und der größte Teil des gesunden Lebergewebes wird geschönt. Die örtliche Wirkung der Chemotherapie auf die Tumorzellen wird zusätzlich dadurch verstärkt, dass die Blutversorgung des Tumors vom Embolisat unterbrochen wird. Je nach Gesamtzustand des Patienten kann der Eingriff sowohl unter Narkose als auch unter lokaler Betäubung durchgeführt werden.

Verfahren-Ablauf:
Nach der Diagnosestellung eines hypervaskularisierten (gefäßreichen) Lebertumors (Bild 1) und nach interdisziplinärer Therapieplanung wird die Indikation zur TACE gestellt. Bei der Intervention werden zunächst die Leberarterien dargestellt (Bild 2). Anschließend erfolgt die superselektive Sondierung der tumorversorgenden kleineren Arterien mittels Mikrokatheter (Bild 3). Unter Röntgenkontrolle wird das Medikament über den Mikrokatheter gespritzt, bis das Tumorgewebe nicht mehr zur Darstellung kommt (Bild 4).

Bild 1        Bild 2
    
Bild 3   Bild 4

Legende:

Bild 1: Ovaläre hypervaskularisierte Raumforderung in Segment VIII der Leber (roter Kreis), einem hepatozellulären Carcinom (HCC) entsprechend.
Bild 2: Angiographische Darstellung des Truncus coeliacus. Es zeigen sich pathologische den Tumor versorgende Gefäße (roter Kreis).
Bild 3: Superselektive Darstellung des hyperperfundierten Tumors (roter Kreis) mittels Mikrokatheter.
Bild 4: Ergebnis nach Embolisation des Tumors, welcher nicht mehr abgrenzbar ist. Die anderen Leberarterien sind unversehrt.

Bei einer intrakraniellen arteriellen Stenose handelt es sich um eine Verengung eines arteriellen hirnversorgenden Gefäßes im Kopf. Die häufigste Ursache stellt dabei die Arteriosklerose dar, also die Verkalkung von Gefäßen. Seltene Ursachen sind beispielsweise die Entstehung o.g. Stenose auf dem Boden einer Dissektion (Einriss von Gefäßwänden) oder einer Vaskulitis (Gefäßentzündung).
 
Je nach Schweregrad der Verengung und Abhängig von der betroffenen Gefäßregion kann es zu unterschiedlichen neurologischen Beschwerden kommen, wie z.B. Lähmungen, Seh-, Sprech- und Schluckstörungen oder Schwindel. Diese können vorübergehend auftreten, also sich nach einer bestimmten Zeit wieder vollständig zurückbilden oder zu bleibenden Beeinträchtigungen.
In der Regel wird zunächst in Abhängigkeit vom Schweregrad der Stenose eine medikamentöse Therapie eingeleitet sowie eine Anpassung des Blutdrucks und des Lebensstils. Diese Maßnahmen sollen das weitere Voranschreiten der Erkrankung verhindern. Kommt es trotz o.g. Maßnahmen zu wiederkehrenden Symptomen und/oder Hirninfarkten kann eine Implantation eines Stents (Röhrchen zum Offenhalten eines Gefäßes) erwogen werden.
Die Implantation eines solchen Stents erfolgt in Vollnarkose über einen kleinen Leistenzugang. Die Engstelle wird zunächst mit einem an den Gefäßdurchmesser angepassten Ballon aufgedehnt und anschließend der Stent freigesetzt, welcher ein Leben lang im Gefäß verbleibt.

Verengungen der Halsarterien werden regelhaft mit Stents behandelt. Dies kann in der Mehrzahl der Fälle mit örtlicher Betäubung ohne Vollnarkose erfolgen.
Dr. med. Christian Loehr, Chefarzt der Klinik für Radiologie
Dr. med. Christian Loehr
Tel.: 02361 56-3801
Fax: 02361 56-3898
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