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Knappschaft Kliniken

05.05.2025 - Marl

Asthma im Klimawandel

Wetterveränderungen machen neue Behandlungskonzepte notwendig

Unwetterkatastrophen, Rekordtemperaturen oder Starkregenereignisse – die Auswirkungen des Klimawandels werden jedes Jahr spürbarer. Das trifft auch auf Lungenerkrankungen wie Asthma bronchiale oder die Chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) zu, deren Häufigkeit und Heftigkeit für Dr. Jens Geiseler, Chefarzt der Klinik für Pneumologie in den Knappschaft Kliniken Paracelsus Marl, deutlich zugenommen haben. Mit dieser Aussage steht er nicht alleine. Im April veröffentlichte die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin ein Positionspapier, das die Auswirkungen klimatischer Veränderungen für die Pneumologie beschreibt.

Für die Lungenheilkunde hat diese Entwicklung eine besondere Bedeutung in der Therapie und Versorgung der Patienten. Denn klimabedingte Faktoren wie Hitze und Luftfeuchtigkeit, veränderter Pollenflug und Aeroallergene sowie Luftschadstoffe tragen wesentlich zur Zunahme und Verschlechterung der Lungenerkrankungen bei. Und zwar besonders bei vulnerablen Gruppen wie älteren Menschen, Kindern und chronisch Kranken. „Diese äußeren Einflüsse verändern die Reinigungsfaktoren der Schleimhäute der oberen und unteren Atemwege und hemmen deren Widerstandsfähigkeit. Auch auf die angeborene und erworbene Immunität haben sie starken Einfluss“, sagt Dr. Geiseler. „Virale und bakterielle Infektionskrankheiten haben so leichteres Spiel.“

Noch mit 70 Jahren erstmals Asthma

Für Asthmatiker sind hohe Konzentrationen von Luftschadstoffen ein wahrer Krankheitstreiber. „Wir verzeichnen eine deutliche Zunahme des Asthmas bronchiale. Mittlerweile erkranken Patienten im Alter von 60 oder 70 Jahren noch erstmalig an Asthma. Das war früher nahezu unvorstellbar – meist erkrankte man im Kindesalter und hatte gute Chancen das Asthma während der Pubertät zu verlieren“, sagt Dr. Geiseler. Verändert haben sich auch der Pollenflug und die -konzentration. Dem Katzenhaar als stärkstem Allergen hierzulande machen eingeschleppte fremde Pflanzenarten große Konkurrenz. Prominentes Beispiel dafür ist das Beifußblättrige Traubenkraut (Ambrosia). Gewöhnlich eher in den Subtropen bis zu den Tropen beheimatet, feiert der invasive Korbblütler durch die Erderwärmung auch in Deutschland einen wahren Siegeszug. Mit ernsten Folgen gerade für chronisch-kranke Asthmatiker, deren Symptome sich nun noch weiter verschlechtern können (Exazerbationsrisiko).

Das trifft auch für die Patientinnen und Patienten der COPD und generell für alte Menschen zu – die Hitzewellen der vergangenen Jahre haben in Kombination mit den dann oft auch hohen Ozonwerten verdeutlicht, wie gefährlich Extremtemperaturen für diese Personengruppen sind. Auch bei Ihnen steigt das Exazerbationsrisiko, die Lungenfunktion verschlechtert sich und bringt diese Patienten schnell in Lebensgefahr. „Die Sterblichkeit während Hitzewellen im Jahr 2023 gegenüber einer Vergleichsperiode in 1990 ist um 167 Prozent gestiegen, u.a. wegen der oft mangelhaften Flüssigkeitsaufnahme im Alter. Ohne die Erderwärmung wäre ein Anstieg von 65 Prozent erwartet worden“, zitiert Dr. Jens Geiseler die Lancet-Studie 2024, die auch dem Positionspapier der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin zugrunde liegt.

Klimasensible Beratung von Patienten

Welche Maßnahmen kann der einzelne Pneumologe nun gegen den globalen Klimawandel ergreifen? Das Stichwort lautet: klimasensible Beratung von Patientinnen und Patienten. „Viele Gefahren lassen sich eindämmen mit den richtigen Verhaltensweisen“, sagt der Pneumologe. „Asthmatiker können durch Peak-Flow-Messungen ihr Risiko für einen Asthma-Anfall vorhersehen.“ Denn Studien hätten gezeigt, dass sich der Asthma-Anfall über mehrere Tage aufbaue und so lasse sich frühzeitig gegensteuern, erklärt Geiseler. Auch regelmäßiges Lüften der Wohnung und der Verzicht von offenen Feuerstellen in der Wohnung helfe das Risiko zu verringern. Und gesunde, fleischarme Ernährung kombiniert mit sportlicher Aktivität sei gerade für Asthmatiker – die oftmals körperliche Belastungen fürchten – ein wichtiger Präventionsbaustein. Selbstverständlich sei Sport aber an Tagen mit hohen Temperaturen und Ozonwerten wiederum unbedingt zu vermeiden, mahnt Geiseler. Und hierfür helfe auch der Blick in die App Luftqualität des Umweltbundesamtes. Dort werden die Daten von 400 Messstationen in Deutschland herangezogen, um stündlich aktualisierte Werte der gesundheitsgefährdenden Schadstoffe Feinstaub (PM10 und PM2.5), Stickstoffdioxid und Ozon zur Verfügung zu stellen. So lässt sich beispielsweise abwägen, ob die geplante Radtour zum jetzigen Zeitpunkt die richtige Aktivität ist oder besser verschoben werden sollte.

Auch für die Mediziner selbst bedeutet der Klimawandel ein Umdenken. Beispielsweise müssen hitzesensible Medikamente im Kühlschrank gelagert und über die Klimatisierung von Praxen und Behandlungsräumen nachgedacht werden. Auch haben extreme Temperaturen Auswirkungen auf die Wirkweise von Medikamenten. Der Arzt sollte vor der Hitzewelle die Medikation für seine Patientinnen und Patienten anpassen und kommunizieren, zu diesen Ergebnissen kommt das Positionspapier der Pneumologen.

Der Gesundheitssektor der Staaten auf der nördlichen Halbkugel ist für fünf Prozent der globalen CO2-Emissionen verantwortlich. Gerade im Fachbereich Pneumologie bieten sich Einsparpotenziale bei den Treibhausgasen. So ist die Auswirkung auf CO2 bei Medikamenten die als sogenannte Dosieraerosole verabreicht werden 1.000 Mal höher als bei Trockenpulverinhalatoren. Doch werden laut dem Positionspapier 50 Prozent der inhalativen Medikamente in Deutschland noch immer als Dosieraerosol verordnet. Im europäischen Ländervergleich liegt der Prozentsatz unter 20 Prozent. Das werde in den Knappschaft Kliniken Paracelsus Marl bereits berücksichtigt: „In der absoluten Gesundheitskrise – beispielsweise, wenn ein Patient mit akuter Atemnot in die Notaufnahme kommt, bleibt das Dosieraerosol das notwendige Mittel. Wir nehmen dann aber Kontakt mit den Hausärzten auf, dass sie ein anderes umweltschonenderes Präparat verordnen, nachdem das Asthma-Spray aufgebraucht wurde“, sagt Dr. Geiseler.

Die Schlüsselfunktion der Ärzte für die klimasensible Medizin sei allgemein Konsens in der Pneumologie, so Dr. Geiseler. Damit ist die wichtigste Voraussetzung für die passende Behandlung und Beratung der Betroffenen sowie einen nachhaltigeren Umgang mit Medikamenten bereits erfüllt.

 

BU 1: Mit einem Lungenfunktionstest lässt sich unter anderem ermitteln, wie stark das Asthma bronchiale ausgeprägt ist. Foto: Knappschaft Kliniken Vest / Harald Gerhäußer

BU 2: Dr. Jens Geiseler, Chefarzt der Klinik für Pneumologie, Beatmungs- und Schlafmedizin der Knappschaft Kliniken Paracelsus Marl

 

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